Reisebericht Antje Kurz 2001

Antje Kurz * Kirchwerder Elbdeich 248 * 21037 Hamburg * Antje_Kurz@yahoo.de

Guinea-Bissau vom 25. Mai – 22. Juni 2001

Der Bericht über meine Reise nach Guinea-Bissau im Mai/Juni 2001 hat nach ausführlichen Vorbemerkungen zu An- und Abreise die aktuelle Situation des Landes nach dem Krieg (in Ergänzung des Berichtes von Gertrud Achinger und Renate Heß) und Informationen zu Institutionen und Initiativen in Guinea-Bissau zum Schwerpunkt.

Der letzte Teil gibt Infos zu Djabicunda, einem großen Dorf in der Region Bafata/Contuboel, und dem dortigen Schulprojekt.

Übersicht:

Vorbemerkungen Seite 1

Der Krieg und seine Auswirkungen Seite 2

(Stichworte: Militär, Balanta, Minen, Generatoren, Bautätigkeit)

Wirtschaft Seite 3

(Stichworte: Cashew, Hafen, Verkehrsinfrastruktur)

Kultur/Unterhaltung Seite 5

Institutionen und Initiativen in Bissau Seite 6

(SITEC, INEP, AD, Tiniguena, Al Ansar; MJLCS, PB, CAJ, CIOJ)

Initiativen und Projekte außerhalb Bissaus Seite 6

(Tessito, Krankenhaus in Catio)

Schulprojekt in Djabicunda Seite 8

 

Vorbemerkungen: Bei meiner Reise handelte es sich um meinen 4. Besuch in diesem Land. Zuvor war ich 1993/1994, 1995/1996 (jeweils zum Jahreswechsel) und 1997 im Mai dort gewesen. Bei den Aufenthalten hatte ich zwischen 3 bis 8 Wochen Zeit, dieses Mal leider nur einen Monat. Ich habe mich immer bei FreundInnen und Verwandten aufgehalten, die in Bissau im Bairro Militar bzw. in Djabicunda leben, eher zu den wenig gebildeten armen Schichten zählen, die aber in der Familie einen Migranten in Deutschland haben, der immer wieder mit Geld aushilft und bisher 2-3 Autos (als Taxi oder Toca-Toca) und Geld für ein Haus in Bissau schicken konnte. Meine FreundInnen und Verwandten gehören überwiegend den Ethnien der Mandingos und Beafadas an, wir verständigen uns auf Crioulo, das ich bei meinen bisherigen Aufenthalten einigermaßen gut gelernt habe. Portugiesisch spreche ich allerdings nicht, so daß mir die Informationen im Radio und in den Zeitungen, wie den meisten anderen Menschen in Guinea-Bissau, leider nicht zugänglich waren. Meine Informationen beruhen dementsprechend auf zahlreichen Gesprächen mit einer Vielzahl von unterschiedlichen Menschen und sind nicht das Ergebnis einer wissenschaftlichen Untersuchung. (Keine Gewähr auf korrekte Schreibweise!)

Schon die Anreise ist ein kleines Abenteuer, besonders, wenn man wie ich vergessen hat, beim guineensischen Konsulat in Bremen das für Guinea-Bissau erforderliche Einreisevisum zu besorgen.

Zur Zeit meiner Reise flog nur die TAP nach Bissau, immer freitags ab Lissabon, der Flug von Deutschland ist also immer mit einer Übernachtung in Lissabon verbunden, da der Flug angeblich um 7.00 Uhr morgen abgeht. Am 25.5. allerdings erst um 13.00 Uhr. (Alternativ gibt es eine Verbindung mit Air Afrique, die eine Übernachtung in Dakar erfordert.) Neuerdings gibt es jetzt noch die guineensische Airline „Atlantis“(?), die Dienstags fliegen und billiger (als der TAP-Preis von 1.800,- DM) sein soll.

Mit der Information, daß im portugiesischen Fernsehen gesagt wurde, im neuen Flughafengebäude von Bissau gäbe es jetzt eine Anlaufstelle für Touristen, wo auch Visa ausgestellt würden, machte ich mich auf den Weg. Und es war tatsächlich kein Problem: die Stelle war zwar nicht besetzt, aber an der Paßkontrolle wurde jemand losgeschickt, um die erforderlichen Gegenstände herbeizuschaffen, und ich bekam für 200,- französische Francs ein Visum für 30 Tage incl. Quittung.

Den vielen Menschen, die am Flughafen FreundInnen und Bekannte erwarteten, hatte man übrigens nicht mitgeteilt, daß die Maschine sich 6 Stunden verspäten würde.

An einem anderen Freitag während meines Aufenthaltes war die Maschine allerdings auch mal zu früh gekommen – und dann tatsächlich auch früher wieder abgeflogen! Leider hatten nicht alle Passagiere die entsprechende Information im Radio gehört, und ihre Plätze im Flugzeug blieben leer.

Der Flug laut Plan soll um 12.40 Uhr Bissau verlassen, das Gepäck soll man allerdings zwischen 6.00 und 9.00 Uhr aufgeben, und sich ab dann bereithalten, weil es ja sein könnte, daß man früher mit allem fertig ist und vor der vorhergesehenen Zeit fliegt, so die TAP bei meiner Nachfrage. Am 22.6. sind wir dann aber doch erst gegen 13.00 Uhr geflogen…

Während meines Aufenthaltes habe ich zum einen meine Verwandten und FreundInnen besucht, zum anderen mit zahlreichen Organisationen und Initiativen, die größtenteils in dem Reisebericht „Afrika in Bewegung – Initiativen von unten“ von Gertrud Achinger und Renate Heß vorgestellt werden, Kontakt aufgenommen. Die Amilcar Cabral Gesellschaft bietet ihnen zukünftig die Möglichkeit, sich auf ihrer Home-Page einer großen Öffentlichkeit zu präsentieren und die Kontaktadressen zu publizieren.

 

Ergänzende Anmerkungen zu „Afrika in Bewegung – Initiativen von unten“ von Gertrud Achinger und Renate Heß:

Der Krieg und seine Auswirkungen

Der Krieg wird durchgängig von allen als etwas betrachtet, was dem Land viel Schaden zugefügt hat und keine Veränderungen mit sich gebracht hat. Das sich daraus keine Veränderungen ergeben haben, schätze ich allerdings anders ein. Ich hörte auch zweimal, daß er entscheidende Veränderungen hätte bewirken können, wenn man nicht den Führer der Militärs, Anssumane Mane, umgebracht hätte. Diesen beiden Personen war er sozusagen als Person die Garantie dafür, daß Veränderungen stattfinden bzw. stattfinden werden. Eher selten wird Nino Viera als Verursacher des Krieges benannt, das Böse wird bei den Soldaten aus dem Senegal und Guinea-Conakry, die alles geplündert haben sollen, und das ist aus heutiger Sicht das schlimmste, gesehen. Beim Spekulieren über die nächste Regierung wurde jedenfalls ein Sieg der PAIGC für möglich und auch gar nicht so furchtbar gehalten. Obwohl das sicher einige auch ganz anders sehen…

Militär: Es hieß, daß viele Soldaten die Armee verlassen würden, da zum einen heute nur noch 15.000 CFA Sold gezahlt würde, während des Krieges wären es 25.000 CFA gewesen. (Ein Sack Reis kostet in Bissau 12.500 CFA, das entspricht ungefähr 40,- DM) Außerdem sei die Armee so dominiert von den Balanta, daß die Angehörigen anderer Ethnien freiwillig die Armee verlassen würden.

Balanta: Die typischen Balanta-Insignien sind sehr präsent auf den Straßen, d.h. viel mehr Männer als bei meinen anderen Besuchen mit den roten Pudelmützen, dazu Sonnenbrillen und Regenschirm, oft auf privaten neuen „Pick-ups“ in Gruppen unterwegs, angeblich, sagen böswillige Zungen, zum Spazierenfahren und zur Demonstration ihrer Macht: Balanta tene terra! (so viel wie: Den Balanta gehört das Land!) A. vermutet dagegen, daß die wirklich auffällige Präsenz an bevorstehen Festen der Balanta liegt.

Andere erklären die große Zahl von Balanta in der Regierung und anderen Institutionen, wie z.B. der Armee, damit, daß eben die Balanta die größte Ethnie des Landes sind und mind. 35% der Bevölkerung stellen.

Minen: Täglich um 13.00 Uhr hört man in Bissau einen Knall, dann werden die gefundenen Minen zur Explosion gebracht. Von mehreren Seiten hörte ich, daß die Minenräumung ganz kurz vor dem Abschluß steht, und daß zumindest sämtliche Minen bekannt sind, so daß es in den letzten Monaten keine Todesfälle oder Verletzten mehr gegeben hätte. Man sieht aber noch in erschreckend unmittelbarer Nähe zu Häusern und Straßen die großen Warnschilder mit Zeichnungen explodierender Minen, so z.B. bei der Zufahrtstraße zum Bairro Militar auf Höhe des Polon di Bra. Dort stehen auch quasi als furchtbares Andenken an den Krieg von 1998 zwei verottende Panzer der Militärs aus Guinea-Conakry.

Auf der Fahrt nach Catió weist mich A. auf die Überreste eines Kleinlasters am Straßenrand hin: hier ist während des Krieges ein mit Personen voll besetztes Fahrzeug auf dem Weg zu einem Markt auf eine Mine gefahren, alle 17 Insassen tot.

Die offiziellen Zahlen zu den Toten des Krieges, man spricht von 2.000 Toten, beziehen sich nur auf Bissau! Die in Folge des Krieges durch Flucht, Hunger, Krankheit oder eben auch Minen umgekommenen Menschen außerhalb Bissaus sind nie gezählt worden, es liegen angeblich nicht einmal Schätzungen vor.

Generatoren: Bei meinen früheren Besuchen war es entschieden einfacher, in Läden oder Bars gekühlte Getränke zu bekommen: Heute heißt es sehr oft, daß es keinen Strom gegeben habe, und der Generator, den man früher besessen hätte, sei im Krieg gestohlen worden.

Bautätigkeit in den Dörfern: In Djabicunda, aber wie mir berichtet wurde, auch in anderen Dörfern, herrscht eine rege Bautätigkeit. Menschen aus Bissau, die während des Krieges aufs Land geflohen waren, sind zwar in die Stadt zurückgekehrt, Bissau platzt mehr aus den Nähten als vor dem Krieg, aber sie wollen für die Zukunft gute Häuser auch in ihren Herkunftsdörfern haben.

Insgesamt hatte ich denselben Eindruck wie Gertrud Achinger und Renate Heß: der Handel blüht und gedeiht, kleine Läden und Bars schießen wie Pilze aus dem Boden, viele Afrikaner aus dem Ausland suchen und finden hier Arbeit oder sogar Reichtum. Aber die Plünderungen des Krieges, die angeblich vor allem die senegalesischen und guineensischen Soldaten aus Conakry begangen haben (abhängig vom Stadtteil, in dem sie jeweils stationiert gewesen sind), haben zahlreichen Unternehmen, die vor dem Krieg schon existierten, sehr schwere Rückschläge versetzt. Abgesehen von den auch vorhandenen Kriegsgewinnlern, die z.B. während des Krieges Reis zu überhöhten Preisen verkauften und heute erfolgreich ihre Gewinne investieren und blühende Geschäfte führen.

 

Wirtschaft

Cashew: Der Preis eines der wichtigsten Exportgüter Guinea-Bissaus ist auf dem Weltmarkt gefallen. Darüber hinaus hat die Regierung des Landes eine Exportsteuer von 14% auf Cashew eingeführt. Das hatte zur Folge, daß der von den Aufkäufern vor Ort gezahlte Preis von 350 – 450 CFA/kg im letzten Jahr auf 150 CFA/kg in diesem Jahr gefallen ist. In vergangenen Jahren konnten die Produzenten mit einem Sack Cashew äquivalent einem Sack Reis rechnen, heute entspricht die Menge von 1,5 Säcken Cashew einem Sack Reis!

B., ein Bauer, der auf zwei großen Feldern Cashew anbaut, hat für 1,5 große Säcke Cashew 12.500 CFA dieses Jahr erhalten, kann sich aber freuen, daß er sie überhaupt verkaufen konnte. Das ist sein Gesamtjahresertrag, mit dem er genau einen Sack Reis kaufen kann. Daneben produziert er Reis im Naßreisanbau, dessen Ernte für 2-3 Monate zur Ernährung der Familie reicht… Die Ernte dieser Kleinbauern ist zudem bedroht durch Diebstahl und Feuer. Regelmäßig werden Felder mit Hilfe von Feuer von Unkraut- und Buschbewuchs gesäubert, und oft genug springt das Feuer über auf die Anpflanzungen benachbarter Felder und vernichtet den Bestand an Schößlingen oder auch Bäumen.

Letztes Jahr wurden ca. 60 Mio. Tonnen exportiert, für dieses Jahr steht zu befürchten, daß es bei 2-5 Mio. Tonnen bleiben wird, größere Mengen Cashew überhaupt keinen Absatz finden, und die nur begrenzt lagerungsfähige unverarbeitete Nuß bei den Produzenten oder Zwischenhändlern verdirbt.

So stehen die Lager von A., die sonst um diese Zeit voll mit Cashew sind, leer, und dort sind dementsprechend weitere Arbeitsplätze bedroht, wie an zahlreichen anderen Stellen auch.

Hafen: Es erscheint auch kaum nachvollziehbar, warum die Regierung Guinea-Bissaus den Hafen nicht ökonomisch attraktiver gestaltet: Sämtliche Importe kommen auf dem Landweg über den Senegal oder Guinea-Conakry, und die zahlreichen Auto- und anderen Importe der Migranten werden weitgehend über Gambia abgewickelt. Mit niedrigeren Liegegebühren und Einfuhrzöllen könnte hier innerhalb kürzester Zeit die Wirtschaft entscheidende Impulse erhalten. So klagen viele Guineenser, aber auch Afrikaner aus dem Ausland, die sich in Guinea-Bissau niedergelassen haben, über die hier extrem höheren Preise als in den angrenzenden Ländern.

Verkehrsinfrastruktur: Die Transportmöglichkeiten stellen insgesamt eines der ganz großen Probleme des Landes dar.

So besuchte ich eine großzügige „Ponta“ (Plantage) ca. 10 km außerhalb Bissaus, Richtung Safim. In den gutgepflegten Gärten hingen die Bäume voller Mangos, es gab Cashew im Überfluß, und auch Gemüse (u.a. Tomaten, Jackato – so ähnlich wie eine Kreuzung von Tomate/Paprika) wurde hier produziert. Aber der Besitzer fürchtete, einen großen Teil der Früchte nicht verkaufen zu können, da er kein eigenes Fahrzeug besitzt und dementsprechend keine Möglichkeit besteht, die Produkte nach Bissau zum Verkauf zu schaffen.

Eine Freundin hatte Salz aus Meerwasser gewonnen, fünf Säcke voll standen in der Region Quinara, in der Nähe ihres Herkunftsdorfes. Sie lebt mit ihrem Mann und der Familie in Bissau, und sie war seit Wochen nicht in der Lage, das für den Transport erforderliche Geld aufzutreiben (10.000 CFA).

In Bissau selbst steht man allerdings des öfteren im Stau: hier tummeln sich Toca-Tocas, die zu den Stoßzeiten morgens und abends immer noch alle sehr gut ausgelastet sind – nur selten können sich die Fahrgäste erfolgreich wehren, wenn noch ein bis zwei Personen mit ein paar guten Worten des Adjutanten in das überfüllte Fahrzeug bugsiert werden. Taxen und sehr viel mehr Privatfahrzeuge als früher, und Wagen nationaler und internationaler Hilfsorganisationen geben dem Verkehrschaos den Rest. An zwei großen Kreuzungen ersetzen je 2 – 3 VerkehrspolizistInnen die noch fehlenden Ampeln. Hoffentlich noch lange, denn es ist unwahrscheinlich, daß Ampeln bei den überwiegend Freistil fahrenden FahrerInnen irgendwelche Wirkungen hätten.

Die Zahl der Verkehrsunfälle muß erheblich sein, es kommt immer zu tödlichen Unfällen auch der Toca-Tocas, die sich auf den Straßen außerhalb Bissaus regelmäßig Wettrennen liefern. Die Verkehrspolizei sieht ihre Aufgabe und ihren Verdienst eher in dem stundenlangen Überprüfen der Autopapiere, weniger in der tatsächlichen Kontrolle des Straßenverkehrs.

Die Schlaglöcher auf der Straße Bissau – Bafata werden immer tiefer und zahlreicher, erst letzte Woche ist ein Großlaster bei dem Versuch, den Löchern auszuweichen, von der Straße abgekommen und die 1,5 – 2 m hohe Böschung herabgestürzt.

Die Schlaglöcher innerhalb Bissaus auf Höhe „Feira Bandim“ wurden während meines Aufenthaltes ausgebessert, erst mal mit Sand.

Besonderes taktisches Geschick hat Kumba Yala bewiesen: am Sonnabend, den 2.6., hat er das Bairro Militar besucht, zu einem Gespräch mit der Bevölkerung. Am Montag, den 4.6., wurde die Straße gesperrt und an den kritischen Stellen neu Sand aufgeschüttet.

Drei Tage fuhren die Toca-Tocas halsbrecherische Wege in den und im Bairro, mit entweder kopfschüttelnden oder das Ganze ins Lächerliche ziehenden Passagieren, dann gab es eine wunderbare Sandpiste. Die leider drei Tage später, denn wir befanden uns bereits in der Regenzeit, erste Dellen aufwies. Gerüchte besagen, daß eine Asphaltierung vorgesehen ist, die Frage ist nur: wann?

Kultur/Unterhaltung:

Zé Manel: Der Sänger, der im Exil in den USA lebt, er mußte seine Ermordung durch Nino befürchten, ist nach mehr als 20 Jahren im Mai/Juni zu einem Besuch nach Guinea-Bissau gekommen. Sein Interview im Radio Bombolon und das Vorstellen seiner neuen CD „Maron di Mar“ führte zu einem regelrechten Volksauflauf. Er wurde gefeiert als einer, der die Dinge beim Namen nennt und seine Musik ist jetzt regelmäßig im Radio zu hören. Hier ein Auszug aus „Pubis ka burro“:

„Chefi tene karu nobu/The boss has a new car

Vensimentu ka da pa karu nobu/which his salary can´t cover

Chefi tene kassa nobu/The boss has a new house

Vensimentu ka da pa kassa nobu/which his salary can´t cover

Udju na chefi/Keep your eye on the boss

pa i ka bindi tera/so he doesn´t sell the country.

Si no diskuda/If we are distracted

i na bindi tera/he will sell the country.

Pubis ka burro/The people aren´t stupid

udjo ta odja boka kala oh/the eyes see, the mouth is quiet.“

Discotheken: Es gibt immer noch ein Nachtleben in Bissau. Das „Cabana“ ist unter den Nachfolgern allerdings nicht mehr auf die Beine gekommen. Heute geht die Jugend u.a. ins „Bamboo“, an der Kreuzung Hotel Bissau/Hotti und Entrada Bairro Militar. Sehr gut besucht war auch das Konzert von Zé Manel im „Capital“ in der Nähe der früheren DDR-Botschaft. Die dritte In-Disco ist das „Café di Roma“. Die Eintrittspreise der Discos liegen bei 2.000 CFA, Getränke (Softdrinks, Bier) bei 1.000 CFA. Es gibt viele gutgekleidete, junge BesucherInnen.

Casa de Música: Neben dem Cassettenverkauf auf den Märkten von Kopien und Fälschungen gibt es jetzt auch das Casa de Música, in der Nähe des Simao Mendes Krankenhauses: Dort gibt es sogar die CDs guineensischer Musiker zu kaufen. Ich hatte noch zu Beginn meines Aufenthaltes die Auskunft erhalten, daß es so etwas nirgendwo in Bissau gäbe. Die Preise entsprechen deutschen Verhältnissen.

Das Museo Etnográfico (beim INEP) ist noch immer geschlossen. Ich konnte nicht in Erfahrung bringen, wer dafür zuständig ist. Es soll jemand von der Scola di Musica sein.

Bassiro Dabó: Der ehemalige Sicherheitschef von Nino Viera wurde nach seinem Gefängnisaufenthalt von dem neuen Präsidenten Kumba Yala ebenfalls für den Sicherheitsdienst eingestellt. Nach heftigen Protesten aus der Bevölkerung wurde er aus dem Amt entfernt und bekam eine Radiosendung. Auch dies mußte er nach 14 Tagen aufgrund des Druckes der Bevölkerung auf den Präsidenten wieder aufgeben. Jetzt betätigt er sich wieder, wie früher, als Sänger. Mir wurde erklärt, daß die Verbindung zwischen Kumba Yala und Bassira Dabó rein auf Verwandschaft beruht, und überhaupt nichts mit politischen Verflechtungen zwischen Kumba Yala und dem früheren Präsidenten Nino Vieira zu tun hätte.

Initiativen in Bissau:

Ich möchte mich der Aussage von Gertrud Achinger und Renate Heß anschließen, daß die Zivilgesellschaft sich organisiert. Zahlreiche Organisationen wurden im letzten Jahr gegründet oder bereiten ihr Auftreten gerade vor. Meiner Ansicht nach findet ein tiefgehender Prozeß der Demokratisierung in diesem Land statt.

So wurde ich auch darauf hingewiesen, daß „Djitu katen“ (i.S. von „Pech gehabt“, „da kann man nichts machen“) in Bissau kaum noch zu hören ist: die Menschen wären zu wütend, um die Mißstände noch schulterzuckend zu akzeptieren – auf dem Land ist die Redewendung allerdings noch recht gebräuchlich…

SITEC: Die Geschichte des Internet in Guinea-Bissau.

Als ich in Bissau ankam, hörte ich bald: das Internet-Café vom SITEC sei geschlossen, Guine-Telecom hätte die Leitungen gekappt. Dabei hatten die Brüder Silla mit viel Überredung dafür gesorgt, daß Guinea-Bissau zu den ersten 8 Ländern in Afrika gehörte, in denen im Rahmen eines Programms von UN und US-Aid Internet-Seminare stattfinden sollten. Um diese Seminare durchführen zu können, wurde 1997 eine experimentelle Verbindung eingerichtet, die glücklicherweise bestehen bleiben konnte, so daß im April 1997 ein erstes Internet-Café von SITEC in Bissau eingerichtet werden konnte. Seit einiger Zeit wurde aber auf eine feste Leitung gedrängt, die aber bis heute, auch aus finanziellen Gründen, nicht realisiert wurde, so daß jetzt die Leitung durch Guine-Telecom ganz gekappt wurde. Mit sehr großem finanziellem und technischen Aufwand steht das SITEC jetzt unmittelbar vor der Installation eines vom Netz der Guine-Telecom unabhängigen Zugangs. Dieser wird nach der in diesem Jahr stattfindenden Liberalisierung des Telefonmarktes in Guinea-Bissau auch kostengünstiges Telefonieren von Guinea-Bissau mit aller Welt und umgekehrt ermöglichen. Dem SITEC ist es gelungen, gemeinsam mit der guineensischen Behörde zur Regulierung der Kommunikation, in ein neues Projekt von US-Aid aufgenommen zu wird, als 21. Land von 20!, die sogenannte Leyland-Initiative, bei der die Internetzugangsmonatsrate in Höhe von 5.500 USD übernommen werden. Damit einher geht die Implementierung von Internet in Schulen, Hochschulen und denkbar wären auch die Krankenhäuser. (sitec@mail.bissau.net)

Im Internet-Café der Post, im April 2001 in Anwesenheit des Präsidenten Kumba Yala eröffnet, kann man zur Zeit für 1.000 CFA eine Stunde surfen. Manchmal gibt es eine Warteschlange, die aber mit Nummernvergabe zumindest gut organisiert ist. Ich konnte ohne Probleme auf mein Mailprogramm zugreifen.

INEP: Das INEP ist durch das große Engagement der Mitarbeiter wieder recht gut in Schuß. Die Internetverbindungen scheinen allerdings nur schwer zustande zu kommen. Das SITEC (s.o.) wird in den nächsten Monaten neue Internetverbindungen anbieten können und dabei eng mit dem INEP kooperieren, so daß die Situation hoffentlich bald besser wird.

Die Bibliothek ist arbeitsfähig, es liegen allerdings noch Unmengen durch den Krieg beschädigte Materialien im Keller. Das Dach konnte mit Hilfe engagierter Einzelpersonen und Institutionen (z.B. Botschaften) repariert werden. Die Verschalung der Decke weist allerdings weiterhin riesige Lücken auf. So regnet es zwar nicht durch, aber die Feuchtigkeit kann ungehindert in das Gebäude dringen. Zu allem Überfluß wurden der Bibliothek bei einem Einbruch am Wochenende des 9./10.6. sämtliche 17 Stühle im Lesebereich gestohlen!

(inep@sol.gtelecom.gw; Leiter des INEP: Mamadu Jao c/o mama-jao@hotmail.com; Leiter der Bibliothek: Iaguba Diyalo c/o i_diyalo@hotmail.com, T. 25 18 68)

Accao para o Desenvolvimento (AD): Hier kann ich dem Bericht nur hinzufügen, daß jetzt auch landwirtschaftliche Projekte im Norden des Landes betreut werden. AD wird uns Material für unsere Home-page zur Verfügung stellen. (T. 25 13 65; ad@sol.gtelecom.gw)

Tiniguena: Die Organisation ist 10 Jahre alt geworden und hat den Geburtstag groß gefeiert. Von der ACG hat Charlotte daranteilgenommen, einige Mitglieder haben Grußbotschaften geschickt. (T. 25 19 07; tinis@sol.gtelecom.gw))

Al Ansar: Ich habe den Sekretär der Organisation persönlich kennengelernt. Auch er hat in Deutschland studiert und kennt seitdem Renate Drescher, die Initiatorin des deutsch-guineensischen Vereins „Ajuda heißt Hilfe“, der eng mit Al Ansar kooperiert. Al Ansar wurde 1992 von dem ehemaligen Botschafter Guinea-Bissaus in der DDR gegründet. Der Verein betreut landwirtschaftliche Projekte (u.a. Anbau von Cashew, Mango, Banane), hat einigen Dörfern Reisschälmaschinen zur Verfügung gestellt, arbeitert dabei mit PAM (Programma Alimentar Mundial) zusammen. Sie führen Sensibilierungsprogramme zum Thema Beschneidung von Frauen und Mädchen durch, eröffnen Schulen (europäische und arabische), bieten Nähkurse mit Nähmaschinen aus Deutschland an.

Viele der Aktivitäten finden außerhalb Bissaus statt, der Verein sieht seinen Schwerpunkt eher auf dem Land. So wird z.B. auch das Anlegen und Bebauen von Gemeinschaftsfeldern unterstützt. Die hier erzielte Ernte wird für Mangelzeiten gelagert. Die gesamte Arbeit wird ehrenamtlich geleistet.

Movimento Juvenil Luta Contra Sida: Diese Organisation wurde im August 2000 gegründet und hat heute ca. 100 Mitglieder aus ganz Bissau, überwiegend SchülerInnen, aber auch Nicht-SchülerInnen. Sie führen Sensibilisierungskampagnen durch, z.B. in Schulen, Diskotheken und würden sehr gern mit etwas Geld Konzerte mit namhaften Musikern veranstalten, und dort das Thema präsentieren. Sie wünschen sich Kontakt und Austausch mit AIDS-Organisationen in anderen Ländern. In Guinea-Bissau gibt es nur diese Organisation und eine zweite, kirchliche, die sich auf dieses Thema konzentrieren. Andere Projekte in den Bairros „machen das Thema ein bißchen mit“. In Guinea-Bissau werden HIV-Infektionen erst seit 1995 offiziell registriert, die Gesamtzahl der registrierten Fälle liegt bei 14.000. Mir wurde von mehreren Seiten versichert, daß die Zahl glaubhaft wäre. AIDS ist bis heute kein Thema im Unterrichtscurriculum der Schulen in Guinea-Bissau. (T. c/o AGUIBEF 22 24 94)

Projecto Bandim/Centro de Saude de Belem: Eines der ältesten Projekte in Bissau. Seit 1978 wird hier in Kooperation mit Schweden Stadtteilarbeit, überwiegend im Gesundheitsbereich, geleistet. (T. 20 14 89)

Centro Artistico Juvenil: In den 70er Jahren von dem italienischen Padre Hermano Battisti ins Leben gerufen, bietet dieses Projekt Kindern und Jugendlichen, bisher nur Jungen, die keine Familie in Bissau haben, hier zu wohnen und zur Schule zu gehen. Gleichzeitig werden ihnen handwerkliche Fähigkeiten im traditionellen künstlerischem Holzschnitzen vermittelt, womit die Schule bezahlen und auch zukünftig ihr Brot verdienen können. Das Zentrum, an der Straße zum Flughafen gelegen, kümmert sich um den Verkauf. Hinzu kommt private Unterstützung, u.a. aus Deutschland. Zur Zeit betreut das Zentrum 270 Schüler, übernimmt aber z.B. auch den Vertrieb von Kunstgegenständen von Handwerkern, die zurück in ihre Dörfer gegangen sind. Ehemalige Schüler des Zentrums sind mit Stipendien u.a. nach Italien gegangen und haben dort Medizin studiert, einige haben heute in Guinea-Bissau gute Positionen. (T. 20 26 14)

Plataforma de ONG: Plattform der Nicht-Regierungsorganisationen in Guinea-Bissau.

(T. 25 37 56)

CIOJ: dieser Verein macht rechtliche Beratung für ONGs

 

Initiativen und Projekte außerhalb Bissaus

Tes(s)ito: eine Frauenorganisation mit zahlreichen Zweigstellen auf dem Land. Sie haben landwirtschaftliche Projekte, u.a. stellen sie auch Geräte zur Verfügung, Batiktechniken-Programme („Dye ∓ Tye“), Nähkurse und die Anschubfinanzierung kleiner Läden. Die Organisation wird unterstützt vom Church World Service aus den USA.

(Farim T. 35 12 06; Frauenzentrum 35 12 39)

Krankenhausprojekte in Catió:

Zur Person von dem Arzt Agostinho Cá: Seit Dezember 2000 ist der frühere Direktor des Krankenhauses von Catió zurück in Guinea-Bissau nach Abschluß seiner Fachausbildung als Urologe. Erst in der 3. Juniwoche, während meines Aufenthaltes, hat er erfahren, daß er in die urologische Abteilung des Krankenhauses Simao Mendes in Bissau versetzt wird. Dort wird er im August seine Arbeit aufnehmen. Bis dahin war er im Ungewissen über seine berufliche Zukunft gelassen worden. Darüberhinaus berichtet er von Repressalien gegen sich und seine Familie: die Ration Reis, die Teil des Gehaltes ist, sei ihm über mehrere Monate vorenthalten worden, den Kindern(!) hätte man gesagt, daß sie aus ihrem Haus raus müssen, und weitere Verleumdungen und Behinderungen. Er hat viel Zeit in Bissau verbracht und immer wieder Gespräche mit dem Gesundheitsministerium geführt. Der jetzige Gesundheitsminister ist Dr. Francisco Diaz, ein guter Arzt, der auch für schwedische Projekte gearbeitet hat. Früher gehörte er zur PAIGC, heute?

A. hat seit 3 Monaten ca. 2 x die Woche eine Sprechstunde für Flüchtlinge aus Sierra Leone angeboten, nachdem er mitbekommen hatte, daß die Flüchtlinge völlig ohne medizinische Versorgung geblieben waren, nachdem der UNHCR-Arzt die Arbeit eingestellt hatte, weil die finanziellen Mittel erschöpft waren.

Jetzt möchte er die verbleibende Zeit nutzen, den Umzug seiner Familie nach Bissau vorzubereiten und die Projekte in Catió entweder abzuschließen bzw. so voranzubringen, daß sie auch ohne seine ständige persönliche Anwesenheit erfolgreich fortgesetzt werden können.

Die Reise: Wir treffen uns zu einem ersten Gespräch am Montag in dem Büro von Gabriela Poungoura, die mir bei der Kontaktaufnahme mit vielen Vertretern von Organisationen eine große Hilfe war. Wir verabreden die Fahrt nach Catió fürs nächste Wochenende. A. möchte versuchen, bis dahin die 50 Ziegelsteine zu organisieren, die für die Erhöhung des Schornsteins des Müllverbrennungsofens notwendig sind. Doch die Ziegelsteinfabrik in Bafatá ist schon seit längerem geschlossen (sie soll übrigens in näherer Zukunft wieder in Betrieb genommen werden), man muß also Einzelpersonen finden, die Ziegel zu verkaufen haben. Die könnten wir dann am Sonnabend gleich mitnehmen.

Bei dem 2. Gespräch am Freitag ist klar: das Beschaffen der Ziegelsteine wird mind. 2 Wochen in Anspruch nehmen. Schade, denn jetzt hätten wir ein großes Auto zur Verfügung gehabt.

Am Samstag steht der Fahrer pünktlich um 7 Uhr auf der Matte, leider ohne Auto, denn das ist kaputtgegangen.

Wir beschließen, Montag zu fahren, mit A.s PKW, der eigentlich nicht das optimale Auto für diese Strecke ist. Obwohl wir uns um 6 Uhr treffen, verlassen wir Bissau erst um 7.30. Die eine Tankstelle hat noch zu, der Chef mit dem Schlüssel ist noch nicht da, an der nächsten bekommen wir Benzin, aber kein Öl, die nächste ist zu und hat kein Öl, die folgende führt Öl, aber nur in großen Kanistern zu überhöhten Preisen. Zurück zur ersten: der Chef ist immer noch nicht da – wir beschließen zu warten, und bald kommt auch der Chef.

Schon lange vor Catió stürzen Menschen freudig auf uns zu, ehemalige Patienten von A..

In Buba kommen wir am Projektgelände vorbei: wunderschöne Lage am Fluß, alles wunderbar grün. Die Anlage wirkt gepflegt, vor der Tür des Verwaltungsgebäudes steht ein gutes Allrad-Auto. A. berichtet, daß die Regierung die Gebäude an eine andere Organisation vermietet hat.

Der Weg zwischen Buba und Catió steht stellenweise schon unter Wasser, aber noch kommen wir mit dem kleinen PKW durch. Eine Stelle, die sehr tief und in einem Sumpfgebiet liegt, wird die Straße wahrscheinlich schon Ende Juni für Nicht-Allrad-Autos unpassierbar machen.

Die Müllverbrennungsanlage: Sie wird genutzt, das Problem ist nur der unsachgemäße Gebrauch: immer wieder versäumen es die Zuständigen, das Feuer ordnungsgemäß abzudecken. Die Erhöhung des Schornsteins würde dem Rechnung tragen. Inzwischen sind auch die Ziegelsteine vorhanden, jetzt muß noch ihr Transport von Bafatá nach Catió organisiert werden.

Gesundheitserziehung: Die Kurse zur Gesundheitserziehung plant A. noch während der diesjährigen Regenzeit durchzuführen.

Krankenhausausstattung:

Der Brunnen mit seinen 13 m Tiefe, dessen Bau durch den Rotary Club Stuttgart ermöglicht wurde, war während des Krieges die einzige Stelle für Leitungswasser in Catió, die Menschen haben Schlange gestanden und viele denken noch heute mit Dankbarkeit an diese Möglichkeit, sauberes Wasser zu bekommen.

Die private Initiative einer Schwedin hat vor drei Jahren das Krankenhaus mit Moskitonetzen ausgerüstet, sie hängen noch an ihrem Platz und tun ihre Dienste. A. hat alle mit unlöschbarer Tinte kennzeichnen lassen. Vor zwei Wochen konnte mit Hilfen weiterer Gelder die Kinderstation mit Matratzen mit Gummibezug ausgestattet werden, 1 Matratze kostet in Bissau 45.000 CFA. A. träumt davon, das gesamte Krankenhaus mit solchen Matratzen auszustatten. Denn die in Gebrauch befindlichen Schaumstoffmatratzen, die nicht fachgemäß gesäubert werden können, sind eine große Quelle zusätzlichen Infektionen.

Die ebenfalls mit Hilfe des Rotary Club Stuttgart erbauten Kochhäuser auf dem Krankenhausgelände, in denen die Verwandten das Essen ihrer Kranken kochen können, sind eine große Erleichterung bei der Versorgung der Kranken. Ihr Zustand ist o.k.

Die sanitären Einrichtungen sind eine Katastrophe! Das Krankenhaus hat 70 Betten, pro Patient ist von 2-3 begleitenden Personen auszugehen. Es gibt 3 „Einheiten“ mit Dusche, Waschbecken und „Klo“, alles ist komplett defekt und schwimmt vor Dreck. Ein entscheidender Teil des Problems ist das mangelnde Gefälle der Kanalisation. Das ließe sich durch Klärgruben/Zementbecken auf dem Gelände behebn. Die Anlage so eines Beckens für eine Einheit plus die zugehörige Renovierung der sanitären Einrichtungen würde sich nach einem Kostenvoranschlag auf 2 Mio. CFA belaufen.

Schulprojekt in Djabicunda

Der Ort:

Djabicunda liegt nordwestlich von Bafata, Richtung Contuboel.

Das „Dorf“ wird zur Zeit auf 10.000 EinwohnerInnen geschätzt, die letzten Zahlen (aus der Kolonialzeit) sprechen von 5.000 EinwohnerInnen.

Djabicunda ist eines der wenigen monoethnischen Dörfer in Guinea-Bissau, es leben ausschließlich Mandingas hier, was z.B. auch dazu beiträgt, daß nur wenige Menschen hier Crioulo sprechen; diese wenigen sind zum größten Teil (jüngere) Männer.

Die Menschen hier sind überwiegend Ackerbauern, d.h. Naßreisanbau, etwas Cashew, etwas Mango, eher wenig Tierhaltung. (Die TseTse Fliege hat hier vor wenigen Jahrzehnten große Bestände vernichtet.)

Und außerdem ist Djabicunda schon seit langem eine „Hochburg“ eines sehr konservativen Islam und eine, man kann sagen, berühmte Ausbildungsstätte für Morus, islamische Gelehrte.

Die Probleme des Ortes sind immens:

  • Medizinische Versorgung: Trotz der Größe des „Dorfes“ gibt es nicht einmal einen Gesundheitsposten, geschweige denn eine Klinik oder ein Krankenhaus.
  • Elektrizität ist nur geringfügig vorhanden.
  • Telefon: Und es gibt nicht einmal eine telefonische Verbindung hierher! (Obwohl ein Passus des Vertrages der Guiné Telecom mit dem Staat besagt, daß jede Ansiedlung mit mehr als 600(!) EinwohnerInnen an das Telefonnetz anzuschließen ist.
  • Die Schule war drei Jahre geschlossen. Nur durch das entschiedene und beharrliche Drängen eines einzelnen Mannes ist sie vor einem Jahr wieder eröffnet worden. Die Plätze für die 80 Kinder waren innerhalb eines Tages alle vergeben.

Es liegen keine Zahlen über die Anzahl und das Alter der schulfähigen Kinder vor, aber bei einer EinwohnerInnenzahl von 10.000(!) sind es jedenfalls mehr als 80.

Allein in einem einzelnen Familiengehöft wurden mir mehr als 20 Kinder im entsprechenden Alter auf Anhieb genannt.

 

Die „Associacao dos Filhos e Amigos de Djabicunda„:

Dieser Verein wurde vor einigen Jahren von Migranten gegründet, d.h. aus Djabicunda stammenden Männern, die heute in Bissau oder auch in Portugal, Spanien oder Deutschland leben und ihre Kräfte bündeln wollen, um die Situation für ihre Herkunftsfamilien und die Dorfgemeinschaft zu verbessern. Sie haben sich das ehrgeizige Ziel gesteckt, mittelfristig den Bau einer Gesundheitsstation durchzuführen und, so bald als möglich, Telefon nach Djabicunda zu bringen. Zu diesem Zweck haben sie schon Geld gesammelt und ein Haus für einen zukünftigen „Posto Publico“ (öffentlicher Telefonanschluß) bauen lassen. Leider schmort der Antrag für Telefon jetzt schon einige Jahre (zwei oder drei?) bei der Guiné Telecom.

Ein anderes Projekt, an dem diese Vereinigung beteiligt war, ist der Bau der Moschee, die das größte und schönste Gebäude in Djabicunda ist, und sogar über Strom (Generator!) verfügt.

Sie planen, auch im Ausland nach Unterstützung für ihre Projekte zu suchen. Behindert wurde dieser Schritt bislang dadurch, daß seit drei Jahren die Legalisierung, d.h. die rechtliche Anerkennung als Verein, nicht abgeschlossen werden konnte, trotz großem persönlichen und finanziellen Einsatz einzelner Mitglieder. Es sind schon mehr als 300.000 CFA (ca. 1.000 DM) gezahlt worden, bisher ohne Erfolg.

Allerdings ist jetzt der Wille da, auch ohne rechtliche Anerkennung die Projekte voranzutreiben.

Schule:

Noch vor relativ kurzer Zeit waren die Menschen gegenüber der Schule hier sehr negativ eingestellt. Die „homen grande“ („große, alte Männer“), die in den Familien die Entscheidungen treffen, sahen in den Schulen eine große Bedrohung für die Bewahrung der islamischen Tradition. Die Kinder wurden zur Koranschule oder in gar keine Schule geschickt, besonders die Mädchen haben oft keinerlei Ausbildung.

Durch die gesellschaftlichen Veränderungen, durch die Rückmeldungen wohl auch besonders der Arbeitsmigranten, wissen heute aber alle um die große Bedeutung einer guten Schulbildung. So äußern jetzt viele Jugendliche, Erwachsene, aber auch alte Menschen den Wunsch, zumindest Lesen und Schreiben zu lernen, damit die Zukunft einmal besser wird als die Gegenwart.

Z.Zt. besuchen 80 Schülerinnen und Schüler, die in zwei Altersgruppen unterrichtet werden, die Schule in Djabicunda: die 7- bis 9- jährigen vormittags, die Kinder über 10 Jahre am Nachmittag. Darüberhinaus gibt es einige Familien, die ihre Kinder nach Bissau zu Verwandten schicken, damit sie dortige Schulen besuchen können und eine Ausbildung erhalten.

Das Schulgebäude stammt aus der portugiesischen Kolonialzeit, und die Schule hatte früher für einige Zeit sogar einen guten Ruf: mehrere Mitglieder der oben erwähnten „Associacao“ haben hier die Grundlage für ihren erfolgreichen Berufsweg bekommen..

Doch seit einiger Zeit ging es mit dieser Schule bergab, das Dorf ist für Lehrer durch die ausgesprochen schlechte Infrastruktur nie attraktiv gewesen, der Staat zahlt schlecht und unregelmäßig Gehälter (ca. 18.000 CFA/Monat, das entspricht ca. 60,- DM, bzw. 1,5 Säcken Reis), besonders in der Peripherie, d.h. außerhalb von Bissau. Jetzt ist sie erst seit einem Jahr wieder geöffnet, soll aber in den Augen der Bewohnerinnen und Bewohner besser als früher sein.

Auch hat der Staat eine neue Initiative gestartet: alle Kinder bekommen seit 3 Monaten zum Frühstück in der Schule „Papa“, einen Reisbrei. Dadurch sind die Kinder konzentrierter und länger beim Unterricht dabei – sonst sind immer einige wegen Hunger früher aus dem Unterricht gegangen, da zu Hause oft kein Essen schon vor der Schule fertig war.

Der Zustand des Gebäudes und der Ausstattung ist allerdings ein riesiges Problem.

Die Wohnung des Lehrers liegt im Schulgebäude. Es gibt keine Möbel, seine Sachen verwahrt er in Kartons, die Schaumstoffmatratze liegt auf dem nackten Fußboden. Gekocht wird draußen hinterm Haus auf offenem Feuer, der Wasserstand im Brunnen ist sehr tief und die Pumpe defekt.

Auch die sanitären Anlagen für die SchülerInnen sind demontiert oder defekt.

Die Türen zu den Klassenzimmern weisen seit 5 Jahren riesige Löcher auf, so daß z.B. Ziegen in das Gebäude gelangen und es verunreinigen. Das Dach (aus Wellblech) weist etliche Löcher auf, die repariert werden müßten, und die Wände sind völlig verschmutzt.

Elektrizität ist, wie im ganzen Dorf, nicht vorhanden. Das bedeutet, daß man beim Unterricht auf das Tageslicht angewiesen ist und Abendkurse für Erwachsene kaum, oder nur unter Schwierigkeiten, durchführbar sind.

Die Kinder sitzen zu viert auf Bänken für zwei Schulkinder, es gibt keine Unterrichtsmaterialien (wie Karten, Globus, oder andere Demonstrationsobjekte), es gibt keine Schränke, um die wenigen Bücher wegschließen zu können, kein Spielzeug (zum Lernen oder auch Bälle).

Es gibt eine nicht mehr benutzbare, an die Wand gemalte Tafel, und eine völlig ramponierte 2. Tafel.

Ziel des Projektes (in Kooperation mit der „Associacao„):

  • bessere bauliche Situation des Schulgebäudes, d.h. Reparatur- und Renovierungsarbeiten
  • bessere Ausstattung: mehr Tische und Bänke, Unterrichtsmaterial, mehr Bücher, eine gute Tafel
  • mehr Schülerinnen und Schüler und mehr Lehrpersonal
  • mehr Unterrichtsstunden
  • Unterricht auch für ältere Jugendliche und Erwachsene, zumindest Alphabetisierung
  • Vorgehensweise: Arbeit auf 4 Ebenen
    • Eigene private finanzielle Unterstützung der notwendigen Maßnahmen vor Ort durch regelmäßige Überweisungen für die Beschaffung von Ausbesserungsmaterial.
    • Dörfliche Ebene: Mobilisieren der Bevölkerung, d.h. die Situation der Schule thematisieren. Die Bewohnerinnen und Bewohner müssen in Selbsthilfe die notwendigsten Reparaturarbeiten durchführen und Druck auf die Behörden ausüben.
    • Aktivieren staatlichen Engagements
    • Initiieren nicht-staatlicher Hilfsmaßnahmen z.B. durch Antragstellung bei „Plan International
    • Auf der dörflichen Ebene sind der Lehrer, der Chefé de Tabanca, einige Homen grande, ein wichtiger Moru, einzelne aktive Einzelpersonen und die Associacao eingebunden.

Es besteht bereits Kontakt internationalen Organisationen vor Ort wie Plan International, bei denen nach der Datenerhebung (zur Zahl der Schulkinder) der Antrag auf Unterstützung geprüft werden wird.

Erste Gespräche mit den Entscheidern auf staatlicher Ebene wurden von dörflichen Vertretern und mir geführt. Die Zusagen blieben eher vage, Programme zur Reparatur aller Schulen in Guinea-Bissau sollen dieses Jahr im August beginnen (gemeinsames Projekt mit der Weltbank), allerdings war die Schule von Djabicunda in der Statistik nicht explizit wiederzufinden.

Wir erhielten aber zumindest konkrete Informationen und Zusagen für die Durchführung von Alphabetisierungsprogrammen bei entsprechenden Anmeldezahlen.

An ganz konkreten Schritten wurde bisher ein Bett für die Lehrerwohnung angeschafft (100,- DM), Tafelfarbe und Pinsel, und es gibt eine feste Zusage über Zement und die Durchführung der Reparaturarbeiten für eine neue Tafel.

Als das größte Problem stellt sich die Schwierigkeit dar, kontinuierlich in Kontakt zu bleiben und kurzfristig Rückmeldungen über Probleme oder auch Fortschritte zu bekommen.